Bist du gefühlsblind?

von Almut Bacmeister-Boukherbata

Gefühlsblindheit ist verbreiteter, als wir denken Menschen, die ihre eigenen Gefühle nicht spüren und infolgedessen nicht benennen, die Emotionen anderer nicht lesen, geschweige denn differenzieren können, können natürlich auch keine Gefühle verarbeiten. Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich…

Gefühlsblindheit ist verbreiteter, als wir denken

Gefühle zu erkennen erlernt man in der Kindheit

Menschen, die ihre eigenen Gefühle nicht spüren und infolgedessen nicht benennen, die Emotionen anderer nicht lesen, geschweige denn differenzieren können, können natürlich auch keine Gefühle verarbeiten.

Dabei macht es keinen Unterschied, ob es sich um die eigenen, oder fremde Gefühle handelt. Gefühle werde generell nicht erkannt, und verstanden. Der Fachausdruck hierfür ist Alexithymie.

Übrigens sind fast 10 % aller Deutschen gefühlsblind. Es sind fast doppelt so viele Männer betroffen, wie Frauen, was vermutlich damit zu tun hat, dass Frauen genetisch bedingt schon eine gewisse Empathie mit auf die Welt bringen.

Werden die betroffenen Menschen gefragt, welches Gefühl sie gerade haben, so fällt es ihnen schwer, die eigenen Gefühle zu differenzieren. Sie spüren einfach nicht, ob das Gefühl, welches sie gerade beherrscht, beispielsweise gerade mehr Wut, oder mehr Trauer ist. Gerade weil sie Probleme damit haben, ihre Gefühle zu erkennen, können sie sie auch nicht beschreiben.

Gerade Männer sind oft blind für Gefühle

So weisen sie eher auf begleitende körperliche Symptome, wie Herzrasen oder Rückenschmerzen hin, können diese Zeichen allerdings nicht einsortieren und in Verbindung mit einem Gefühl bringen. Ihnen sind ihre eigenen Gefühlsregungen fremd, weshalb sie natürlich auch die Gefühle der sie umgebenden Menschen nicht erkennen können.

Wenn man die eigene Verliebtheit nicht erkennt

Ich hatte mal eine Freundin, mit der ich eines Tages eine Auseinandersetzung hatte. Ich hatte behauptet, dass sie ein paar Jahre zuvor in einen bestimmten Mann schwer verliebt gewesen war, was sie jedoch abstritt. Sie ging so weit, mir weis machen zu wollen, dass sie nie auch nur irgendwelche Gefühle für diesen Mann gehegt hätte.

Im Übrigen sei sie auch noch nie in ihrem Leben verliebt gewesen. Sie wisse gar nicht, wie sich das anfühlt.

Aber ich musste es wissen, denn damals war ich ihre beste Freundin. Über viele Wochen war sie immer wieder zu dem Mann nach Hause gefahren, in der Hoffnung, es würde sich, aus dem zunächst freundschaftlichen Kontakt, eine feste Beziehung entwickeln.

Oft rief sie mich jedoch mitten in der Nacht an, weil es ihr schlecht ging, und sie wieder einen dieser missglückten Abende hinter sich gebracht hatte. Also hatte sie nicht nur extremen Leidensdruck, sondern natürlich auch Redebedarf. Sie war so verliebt in diesen Mann, der ihre Avancen anscheinend nicht verstand. Im Gegenteil, er war gemein zu ihr, und nutzte sie anscheinend schamlos aus.

Gefühle zu haben ist eine Sache, sie zu erkennen, eine andere

Und obwohl wir in vielen Gesprächen zu dem gemeinsamen Schluss kamen, es sei besser, diese angebliche Freundschaft aufzugeben, rannte sie immer wieder erneut zu ihm, um sich die nächste Abfuhr abzuholen. Verliebtheit machte dies möglich.

Diese Freundin war eindeutig gefühlsblind, denn es gab immer wieder Situationen, in denen sie sich ihrer eigenen Gefühlen keinesfalls bewusst war. Ich war regelmäßig überrascht, dass sie ihre eigenen Gefühle so wenig zu kennen schien.

Da sie auch auf meine Gefühle wenig Rücksicht nahm, glaubte ich, sie sei einfach nur egoistisch. Zumal es Situationen gab, die sie selbst betrafen, und in denen sie übertrieben maßlos und heftig, wie ich dachte, emotional reagierte.

Dass Gefühlsblindheit existiert, war mir damals nicht bekannt, und hatte auch während meiner psychologischen Ausbildung keine Rolle gespielt. Ich gab die Freundschaft auf, da es anstrengend ist, es mit jemanden zu tun zu haben, der dazu neigt, Gefühle zu ignorieren.

Das Leben in einer gefühlvollen Welt wird zum Balanceakt

Natürlich haben auch Gefühlsblinde Gefühle

Wie obiges Beispiel zeigt, haben Gefühlsblinde sehr wohl Gefühle. Nur können sie diese aufgrund ihrer Problematik weder erkennen, noch benennen, geschweige denn beschreiben. Oft sind sie ihnen auch gar nicht bewusst.

Das macht das Leben für Lebenspartner und mit Lebenspartnern schwierig. Denn wenn ich meine Gefühle nicht wahrnehme, kann ich auch dem Partner, der Partnerin nicht mitteilen, dass ich sie gern habe. Ein Umstand, den es zu umschiffen gilt, will man dennoch eine feste Partnerschaft haben.

Auch schwierig ist die Situation, dass ein Gefühlsblinder nicht erkennen kann, wenn es seinem Partner, seiner Partnerin nicht gut geht, wenn diese/r z.B. unter Stress steht, oder besonders traurig ist. Er kann nicht auf die Gefühlswelt seines Gegenübers eingehen, weshalb diese Person sich unverstanden und alleingelassen fühlt. Der gefühlsblinde Partner wird deshalb als ignorant und gefühllos abgetan.

Gefühlsblindheit ist übrigens keine Krankheit, sondern ein Persönlichkeitsmerkmal. Ein Persönlichkeitsmerkmal, welches der Person im Beruf manchmal Vorteile bringen kann, da dort oft Sachlichkeit und weniger Emotionalität gefordert ist.

Laut Wissenschaft liegt eine der Ursachen für Gefühlsblindheit in der frühen Kindheit, in der sich die Bezugspersonen nicht wirklich einfühlsam um das Kind gekümmert haben. Der Mangel an Einfühlungsvermögen seitens der Erwachsenen führt dann auch leicht zu einem Rückzug des Babys.

Die Interpretation der Gefühle fällt Gefühlsblinden schwer.

Dieses lernt infolgedessen nicht, die eigenen Gefühle zu erkennen und wahrzunehmen. Denn dafür benötigt es die liebevolle Aufmerksamkeit der Bezugsperson, die die Gefühle für das Kind benennt, und so dem Kind beibringt. Darüber hinaus schärft die Bezugsperson nicht nur die Wahrnehmung von Gefühlen, sondern auch den Umgang mit Gefühlen.

Kinder, denen diese Lernschritte versagt wurden, werden im späteren Leben zu gefühlsblinden Erwachsen. Angeblich soll auch eine genetische Disposition Ursache sein können.

Als Gefühlsblinder im Dauerstress

Gefühlsblinde Menschen nehmen sehr wohl wahr, dass etwas um sie herum geschieht. Nur deuten können sie es eben nicht. Das verunsichert sie, und sie fallen auf, weil sie sich nicht adäquat verhalten.

Den richtigen Schlüssel zum Erkennen der Emotionen finden

Das schafft soziale Probleme. Da ein gefühlsblinder Mensch natürlich nicht auffallen möchte, ahmt er häufig das Verhalten seiner Mitmenschen nach. Dies befreit ihn jedoch nicht von dem Stress, den er empfindet. Er fühlt sich falsch und nicht richtig.

So kommt es, dass Gefühlsblinde leichter psychosomatisch reagieren, als andere. Kopf-, Rücken- oder Magen-Darm-Probleme können u.a. die Folgen sein. Und obwohl in Deutschland 10 von 100 Personen unter dieser Gefühlsblindheit leiden, ist die wissenschaftliche Forschung zu diesem Thema nicht sehr voran geschritten.

Dennoch soll es therapeutische Hilfe geben, bei der Schritt für Schritt das Erkennen von Gefühlen eingeübt wird. Eine Hoffnung für alle Gefühlsblinden, die in ihrer Beziehung oder mit sich selbst Probleme haben.

l

l

l

l

Read More

You may also like

Bitte Kommentar hinterlassen

Call Now Button
X

Gut

5,0 / 5,0

let's talk!

+49-40-41118546

Oder schreiben Sie mir eine Nachricht!